Welche Parameter Haarschnitt, Haarfarbe und Beratungsgespräch gut machen

Am Anfang meines Buches „Clever konsumieren“ für den Frankfurter Allgemeine Buch Verlag stand das Vorhaben, über alle Güter und Leistungen zu schreiben, die in unserem Kulturverständnis als „Schönmacher“ gelten. Dabei habe ich mich nicht gescheut, Themen wie den Besuch bei der Kosmetikerin, die Kunst der Mund- und Zahnpflege oder auch die Methoden der kieferorthopädischen Behandlung im Erwachsenenalter anzufassen. Von letzterem kann ich nämlich aus eigener Erfahrung durchaus kompetent berichten. Und natürlich durfte auch ein Kapitel über die entscheidende Frage, was einen guten Friseur eigentlich ausmacht, nicht fehlen! Dachte ich.

Im Prozess des Schreibens stellte sich aber schnell heraus, dass die Anzahl der Kapitel den Rahmen eines Sachbuches und Ratgebers im Geschenkformat sprengen würde. Auch ohne die Bereiche der Dienstleistungen im Beautysektor hat das Buch nun 240 Seiten. Daher haben der Verlag und ich als Autorin entschieden, nur über die Produktwelt zu berichten. „Clever konsumieren“ handelt daher von den Qualitätsmaßstäben beim Kauf von Textilien, Accessoires und Statussymbolen, Lederwaren und Beautyartikeln von Haut- bis Haarpflege.

Dennoch war das Interview mit Sarah Heeder-Himmelreich, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbands Friseurhandwerk Hessen, bereits entstanden, das wir als eine Art Sonder-Edition heute veröffentlichen.

Wie im Buch selbst stellt sich auch hier zuerst die Frage nach der Erwartungshaltung – lange bevor ich ein Produkt oder eine Leistung einschätze und für mich bewerte.

Was kennzeichnet eigentlich gute Handwerkskunst in der Friseurbranche? Und wo fängt man an zu messen? Der Kriterienkatalog hat nämlich zwei Sparten: Die subjektive Bewertung durch den Kunden und die objektive Bewertung durch einen Fachmann. Die können bei ein-und-derselben Frisur sehr unterschiedlich ausfallen. Wenn das Schönheitsbild einer Kundin beispielsweise blockartige Strähnen in Kontrastfarben verlangt, mag das in den Augen eines Fachmanns nicht gut sein, weil das Ergebnis
schon nach wenigen Wochen des Herauswachsens ungepflegt aussieht – es ist aber vielleicht das, was sich die Kundin gerade im Moment erträumt und was sie glücklich macht. Dann steht der Friseur vor dem Dilemma, es entweder zu tun – oder abzulehnen.

Zum Beitrag “Schicker als der Chef?”

Die subjektive Kundenbewertung hat also mit seinen oder ihren Vorstellungen und Wünschen zu tun, die unmittelbar mit der aktuellen Selbstzufriedenheit, dem Selbstwert und dem Wunsch, Dritten zu gefallen, verbunden ist. Aber auch mit physischen Gegebenheiten wie der Haarqualität und der individuellen Geschwindigkeit des Haarwachstums und der Haardichte. Gefühlt haben Menschen nämlich immer das, was sie nicht haben wollen: Zu dicke, zu feine, zu dunkle oder zu lockige Haare. Urteile der Kundenzufriedenheit werden daher meistens an diesen Punkten festgemacht:

  • Wie lange hält der Haarschnitt? Eine Frisur, die nach zu wenigen Wochen nachschneiden verlangt, weil sie nur frisch geschnitten gut aussieht, strapaziert Zeit und Budget des Kunden und senkt die Bewertungsquote.
  • Die Treffgenauigkeit der gewünschten Haarfarbe ist ausschlaggebend für die Zufriedenheit – unabhängig davon, ob diese „richtig“ und zum Typ passend gewählt ist. Manche Kundin wünscht sich auch eine „unsichtbare“ Farbveränderung, die auch nach einigen Wochen des Nachwachsens natürlich und glaubwürdig aussieht.
  • Der Zeitaufwand beim Frisieren zuhause. Die Frage nach der täglich zur Verfügung stehenden Zeit erübrigt so manchen Frisurenwunsch.
  • Die Beratung und das Gefühl, das der Kunde dabei hat. Viele Kunden fühlen sich nicht verstanden, wenn der Friseur ihres Vertrauens modische Aspekte allein in den Vordergrund stellt und dabei nicht zuhört, was der Wunsch „dahinter“ ist. Eine einfühlsame und gekonnte Fragetechnik ist daher ein „Must“.  
  • Zeitgemäße Services wie kurze Wartezeiten, ein Getränk, Zeitung und Kopfmassage gehören in den meisten Salons mittlerweile dazu. Bewertet wird aber oft nicht die Zusatzleistung an sich, sondern die Art, in der sie angeboten wird: Ist die Begrüßung freundlich und persönlich? Ein Handschlag und das Begrüßen mit Namen kann echte Wunder bewirken. Fragt der Serviceleistende nicht nur ob, sondern auch welche Zeitung er bringen darf, die den Kunden interessieren könnte – und weiß er das beim nächsten Besuch noch immer? Es sind die kleinen Gesten, die aus einer guten Leistung eine Spitzenleistung machen, die auch vom Kunden als solche empfunden wird.

Zum Beitrag “Die 12 Gebote für Frauen im Business”

Die Erwartungshaltung des Kunden an den Friseurbesuch lässt sich entsprechend so formulieren:

  • Besseres Aussehen
  • Wunschgenaue Umsetzung
  • Eine ehrliche Beratung, die zuhört
  • Anheben des Selbstwertgefühls
  • Wohltuende Einheiten für das Ego
  • Pflegeberatung über die Salonpflege hinaus
  • Ein zeitgemäßer Service mit persönlichem Charakter

Das folgende Interview stellt die Fragen aus Kundensicht. Es sucht Antwort auf viele Aspekte des Friseurhandwerks, die ein Kunde in der Regel nicht weiß – aber vielleicht wissen möchte. Ziel ist, dass beide, Kunde und Friseur, Einblick in die Sichtweise des anderen bekommen und ihre Erwartungshaltung angleichen können. Geben Sie das Interview also durchaus an interessierte Kunden weiter! Im Idealfall entstehen daraus bessere Gespräche – und bessere Ergebnisse.

Denn wie wichtig die Frisur für das gesamte Erscheinungsbild ist, brachte eine noch heute präsente Politgröße während eines Vortrags einmal so auf den Punkt: „Meine Damen, achten Sie auf Ihre Frisur – jeder andere wird es auch tun!“ Das gilt übrigens genauso für Männer.

K.S.: Frau Heeder-Himmelreich, welche Preiskomponenten bestimmen den Wert der Leistung eines Friseurs?

S.H.-H. Ein Besuch beim Friseur ist der Besuch bei einem Handwerker, der als Meister in der Handwerksrolle der Anlage A eingetragen sein muss, um beispielsweise einen Salon betreiben zu können. Das Friseurhandwerk ist deswegen mit einer Meisterpflicht bei Selbstständigkeit versehen, da es zu den so genannten „gefahrengeneigten“ Handwerken gehört und eine qualifizierte Ausbildung sowie Meisterausbildung die Gesundheit des Kunden schützen soll.

Friseurdienstleistungen gehören zu den arbeitsintensiven Dienstleistungen, d.h. der überwiegende Anteil der Tätigkeit wird durch die Dienstleistung des Friseurs oder eines qualifizierten Angestellten ausgeführt. Das hält den Kostenfaktor hoch. Ein weiterer Kostenfaktor sind die Kosten für Produkte, welche im Friseurbereich, sofern es sich um Markenprodukte handelt, hochwertiger und damit auch hochpreisiger im Einkauf für den Friseur sind. Bei den allgemeinen Verbrauchskosten sind gleichzeitig auch die Preise für Wasser und Strom angestiegen. Kaum jemand weiß zudem, dass eine gute Schere ab 500 € aufwärts kostet.

Friseure zahlen wie alle anderen Arbeitgeber auch Sozialabgaben für Mitarbeiter, sowie Leistungen zur Berufsgenossenschaft.

In Bezug auf die Haardienstleistung ergeben sich neben neuen Trends auch immer wieder Innovationen, für die sich ein Friseur oder eben seine Mitarbeiter fortbilden, somit hat ein Friseur auch Fortbildungskosten in seine Dienstleistung miteinzukalkulieren.  

Für den Verbraucher sind Fortbildungen an Urkunden ersichtlich welche im Salon aushängen, die Ernsthaftigkeit sich mit einem Berufsbild auseinander zu setzen, auch mit einer Innungsmitgliedschaft. Haar und Kopfhaut bedürfen häufig der Beratung durch einen Spezialisten, und sind im Idealfall im Anschluss im Zustand verbessert. Neben den neuesten Hair- und Beauty- Trends sollte sich ein guter Friseur auch mit der Pflege des Haars auskennen. Das kann auch bedeuten, dass bereits lädiertes (beispielhaft trockenes und splissiges) Haar mit Friseurprodukten wieder gepflegt aussehen kann.  Auch zeitaufwändige Beratungen beeinflussen den Preis der Dienstleistung. Pflege- und Stylingstipps sind zeitintensiv.

K.S.: Welche Fächer werden von der Friseurausbildung abgedeckt?

S.H.-H.: Die Ausbildung zum Friseur/Friseurin ist eine duale in der Regel dreijährige Berufsausbildung, welche mit einer Prüfung bei der Handwerkskammer abschließt. Wer im Handwerk eine Berufsausbildung absolviert hat,  nennt sich meist Geselle. Die Berufsausbildung zum/zur Friseur/in wurde zum 1.8.2008 novelliert. Sie beinhaltet eine gestreckte Gesellenprüfung, in der Regel wird in der Mitte der Ausbildung eine Prüfung mit klassischen Arbeiten abgelegt, die dann auf die am Ende stattfindende Abschlussprüfung, in welcher modisches Arbeiten abgeprüft wird, Anrechnung findet. Inhalte der Berufsausbildung sind kunden- und dienstleistungsorientiertes Handeln, Betreuen, Beraten und Verkaufen, Pflegen des Haares und der Kopfhaut. Ein starker Schwerpunkt ist das Haarschneiden, zusammen mit dem Gestalten von Frisuren, dem dauerhaften Umformen (Dauerwelle), farbverändernden Haarbehandlungen und dekorativer Kosmetik. Im Rahmen der Betriebsorganisation lernen die Auszubildenden Betriebs-und Arbeitsabläufe, Pflegen von Maschinen, Geräten und Werkzeugen, Anwendung von Hygienevorschriften, Qualitätssicherung, Arbeiten im Team, Informations- und Kommunikationssysteme sowie Werbung und Kundenbindung. Teilweise wurden die bereits genannten Inhalte modernisiert. Neu in der Berufsausbildung sind so genannte Wahlqualifikationseinheiten, in welchem sich die Auszubildenden für folgende Schwerpunkte in ihrer Ausbildung entscheiden können: pflegende Kosmetik/Visagistik, Langhaarfrisuren, Nageldesign/-modellage, Haarersatz oder Coloration.

Es ist keine leichte Ausbildung, da hier eine Persönlichkeit gefordert wird, welche gerne mit Menschen und Schönheit arbeitet – und das direkt am Menschen –, die gängigen Techniken wissen muss und zudem sehr individuell auf den einzelnen Kunden einzugehen hat.  

K.S.: Wieviel Mode darf- und wie viel individueller Stil des Kunden muss sein?

S.H.-H.: In der Regel bildet sich zwischen Friseur und Kunde eine längerfristige Kundenbeziehung, so dass der Friseur ungefähr abschätzen kann, inwieweit er sehr gewagte Schnitte empfehlen kann. Es kommt immer auf das persönliche Empfinden des Kunden an, wie viel Zeit die Frisur am Morgen in Anspruch nehmen darf und natürlich auch, ob das Haar zu dem Look passt. Letztendlich ist auch die Kopfform des Kunden ausschlaggebend für bestimmte Frisuren, oder dass der Friseur von bestimmten Frisuren möglicherweise abrät. Farbe liegt immer im Trend und vervollständigt das Erscheinungsbild. Zu einem gepflegten Äußeren gehört ein gepflegter Kopf mit gepflegtem Haar. Dies lässt ein Erscheinungsbild aufleben. Natürlich gibt es auch Kunden, welche ganz ausgefallene Frisuren mögen und nachfragen. Unter jungen Leuten sind Hair-Tattoos sehr beliebt.

Es gibt Trends, die in einer bestimmten Zeit häufig im Straßenbild sichtbar sind, diese werden dann häufig nachgefragt, und entsprechen dann oft dem Zeitgeist eines bestimmten Jahrzehnts.

Hier gibt es eher weniger ein „Muss“, denn die Wünsche des Kunden, oder der Mut des Kunden für eine sehr große Veränderung ist hier ausschlaggebend. Die Kunst des Friseurs besteht darin, einen Weg zwischen Wunsch, Machbarkeit und Veränderungsbereitschaft zu finden.

K.S.: Was kennzeichnet eine gute Beratung durch den Friseur?

S.H.-H.: Für eine Beratung sollte der Friseur qualifiziert sein. Die Qualifizierung ist zum einen der Meisterbrief, und zum anderen auch eine weitergehende Fortbildung des Friseurs. Bei inhabergeführten Betrieben werden die Fortbildungsnachweise in der Regel ausgehängt, und bei den einschlägigen großen Friseurketten eher weniger, dort erfolgen sie in firmeninternen Akademien. Dies kann ein Kunde in der Beratung abfragen. Eine gute Beratung bezieht den ganzen Typus des Kunden mit ein. Bevorzugte Haarlänge, gewünschte Zeit für das Styling, unter Umständen bevorzugter Kleidungsstil und die berufliche Tätigkeit, Erfahrungen mit verschiedenen Haarfarben werden teilweise auch abgefragt.

Bei einer guten Beratung kann es auch vorkommen, dass ein Friseur eine andere Haarfarbe, andere Haarlänge oder auch einen anderen Haarschnitt empfiehlt,  da dies erheblich typengerechter  erscheint.  Bei einer guten Beratung bezieht der Friseur die Wünsche des Kunden mit ein, manchmal geht eine Veränderung auch step-by-step vonstatten, weil das „Naturprodukt“ Haar es nicht anders hergibt. Eine gute Beratung erkennt man auch daran, das gerade langfristig geplante Veränderungen

wie zum Beispiel schrittweise Aufhellung, oder eine bestimmte Pflegeserie über Wochen auf der Kundenkarte dokumentiert wird. Hier kann auch der Turnus für die Besuche beim Friseur festgelegt werden.

K.S.: Woran erkenne ich als Kunde einen guten Friseur, bzw. wie finde ich einen?

S.H.-H.: Am besten ist es, sich in seiner Umgebung nach einem geeigneten Friseur umzusehen. Hineinzugehen und zu schauen, ob sich ein Wohlfühlen einstellt. Es gibt so viele unterschiedliche Friseure wie Menschen, beide müssen zueinander passen. Wichtig ist, dass er zum Beispiel im Vergleich zu seinen Kollegen nicht signifikant billiger im Anbieten der Dienstleistung ist. Das kann oft zu Lasten der Angestellten gehen. In den örtlichen Tageszeitungen sind teilweise Angebote. Auch Freunde, Bekannte, oder eine Suche im Internet geben gute Auskünfte. Gute Friseure haben in der Regel Nachweise über Fortbildungen im Salon hängen, sind also auch in einer Innung organisiert, bilden aus (allerdings im Zuge des Fachkräftemangels ist das zunehmend schwieriger), beschäftigen Mitarbeiter und treffen medial die Aussage, nach Tarif zu zahlen. Die Mitarbeiterförderung kann durch Hilfestellungen bei der Teilnahme bei Wettbewerben, beruflichen Schulungen und gemeinsamen Events ausgedrückt werden. Das Team wird auf der Website oder im Salon auf einem Bild vorgestellt, der Kunde wird beraten, nach dem Hineinkommen freundlich angesprochen, es wird ihm eine Beratung angeboten, und falls das Haar neben der Dienstleistung Pflege benötigt, wird diese auch angeboten.

Zusätzliche Dienstleistungen wie Massagen oder Maniküre runden das Dienstleistungsbild ab. An der Türe, spätestens am Counter befindet sich eine verständliche Preisliste. Die Mitarbeiter wirken als Team, tragen Handschuhe beim Colorieren oder Waschen, geben freundlich Auskunft, sind hinsichtlich der Produkte geschult und vermitteln Spaß an ihrer Arbeit. Die Karteikarte des Kunden wird bei jedem Besuch aktualisiert und ist up-to-date. Ein guter Friseur wird dem Kunden in Verbindung mit einer chemischen Behandlung in der Regel eine Pflege empfehlen, damit die Haare wieder regenerieren können, und er gibt Tipps in Verbindung mit dem Verhalten, was die Haltbarkeit einer Farbe betrifft.

Der überwiegende Teil der Salons hat mittlerweile eine Website, auf der das Dienstleistungsangebot gut dargestellt wird, die Telefonnummer, die Wegbeschreibung und eine Parkmöglichkeit sind dort aufgeführt. Zusätzliche Angebote wie Haarverlängerung oder Brautfrisuren sind dort auch aufgelistet.

Viele Friseure sind mittlerweile in sozialen Netzwerken aktiv. Dort zeigen sie ihr Engagement, stellen ihr Team vor sowie gemeinsame Aktionen, beteiligen sich am sozialen Leben in ihrer Umgebung, sind teilweise an Spendenaktionen beteiligt und bringen sich vielseitig auch in anderer Form in die Gemeinschaft mit ein. Zu guter Letzt kann auch eine örtliche Innung eine gute Hilfestellung bieten, einen speziellen Friseur zu finden. *

Der Artikel entstand in Anlehnung an das Buch „Clever konsumieren“ (Frankfurter Allgemeine Buch) und erschien zuerst auf: Stilclub.de

Sarah Heeder-Himmelreich
Sarah Heeder-Himmelreich

Autoren:

Sarah Heeder-Himmelreich, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbands Friseurhandwerk Hessen

Katharina Starlay, Stilexpertin, Buchautorin, Rednerin (Stilclub.de)

Foto ganz oben: IngImage