Regeln für gute Firmenkleidung
Die Casualisierung des textilen Zeitgeistes ist auch im Geschäftsleben nicht mehr aufzuhalten – und sorgt für Verunsicherung. Während viele Manager mit Traditionen brechen, interessiert sich der Nachwuchs sehr für Statuskleidung.
Stil-Leitfäden / Style-Manuals für Unternehmen
Der Siegeszug von Jeans und Kult-Sneakers in Führungsetagen scheint unaufhaltsam. Doch nun kommt eine neue Generation auf den Plan, welche die nächste Revolte zu planen scheint: Gerade junge Männer interessieren sich sehr für Statuskleidung und finden den betont lässigen Stil ihrer Eltern uncool. Sie stylen sich und ihren Body, der für sie zum Statussymbol avanciert.
So eine Konstellation bringt die Diskussion um Dresscodes, Angemessenheit von Kleidung und die Frage, ob Mann schicker als der Chef sein darf, in Wallung. Schließlich trifft der schicke Nachwuchs auf immer lässiger werdende reife Jahrgänge.
In meinem Buch Der Stilcoach für Männer begleite ich den Leser durch die Welt der Herrenkleidung und erzähle Wissenswertes über Stil, Image, Selbstdarstellung sowie die richtigen Anlässe für den schicken oder lässigen Dresscode. Auch widme ich mich der Frage, wie sich eine Frau gewinnen lässt – als Geschäftspartnerin oder Gefährtin fürs Leben.
Was ist echter Chic?
Echter Chic hat mehr mit dem Sein als mit dem Schein zu tun: Was bringen die schönsten Statussymbole, wenn sie dem Menschen nicht stehen und fremd an ihm wirken? Denn was eine Persönlichkeit – nicht das, was sie trägt – zur Geltung bringt, ist die Kunst der Abstimmung von Stoffen, Farben & Co. auf die individuellen Proportionen, die Körperlinie und den Typ. Ein Businessanzug beispielsweise kann klassisch, avantgardistisch, lässig oder sportlich sein – er bleibt ein Anzug. Richtig gut sehen Träger und Anzug aber nur aus, wenn sie zueinander passen.
Muss der Nachwuchs nun auf schicke Kleidung verzichten, wenn der Chef für das Thema nicht viel übrig hat? Zum Glück eben nicht – vorausgesetzt er respektiert die Symbole der Chefsprache und geht feinfühlig damit um. Beim Thema Maßkleidung zum Beispiel: Der Anzug darf durchaus „Maß“ sein – nur sollte man darauf verzichten, ihn als solchen zu kennzeichnen. Daher sollte man Ärmelknopflöcher als Zeichen der Maßarbeit besser nicht „aufknöpfbar“ fertigen lassen. Und auch das Label des Herstellers behält man besser für sich. Den perfekten Sitz erkennt meist ohnehin nur, wer sich dafür interessiert – ein mode-unlustiger Chef wohl eh nicht.
Und auch bei der Menge der Accessoires sollte man vorsichtig sein: Einstecktuch, Manschettenknöpfe und womöglich noch eine Weste zum Anzug sprengen den Business-Dresscode der meisten Branchen – auch ohne Krawatte. Sie adeln aber den Look bei Smart-Business-Anlässen. Im Alltag beschränkt man sich am besten auf ein bis maximal zwei dieser Elemente – und trägt davon nicht mehr als der Vorgesetzte.
Qualität von Anzügen – der smarte Weg durch die Statuswelt
Wie ein roter Faden zieht sich auch der Gedanke an Qualität – und was sie überhaupt ausmacht – durch das Buch. Als Modedesignerin und Stilcoach bin ich ein Leben lang in Stoffe und Materialien verliebt. Daher widme ich dem auch mehr als nur ein Kapitel.
Die Grundzüge echter Qualität sind beste Rohmaterialien und Zeit. Ein Spitzenkoch kann fünf Sterne auf seiner Haube tragen – ohne beste Zutaten wird er aber keinen unvergesslichen Gaumengenuss hinbekommen. Ein Restaurant kann gut eingekauft haben – ohne einen strukturierten Zeitplan und genügend Gefühl sowie Ruhe für den Garprozess wird es keine Gerichte – und schon gar nicht verschiedene zeitgleich – auf den Tisch der Gäste bekommen. Das lässt sich auf den guten Stil übertragen: Ohne schöne Stoffe keine Mode. Ohne Zeit keine gute Beratung. Ohne Beratung keine passende Auswahl und Anwendung. Und ohne Zeit auch keine gute Verarbeitung von Kleidungsstücken.
Und gute Qualität sieht länger besser aus und trifft eine Aussage über den, der es trägt. Zum Beispiel vermittelt ein besonders angesagtes, aber gleichzeitig schlecht verarbeitetes Kleidungsstück, dass sein Träger stark beeinflussbar von Moden, Trends und anderem ist – und jederzeit wechselwillig. Für ein Bewerbungsgespräch die falsche Botschaft. Dagegen wirkt ein Kleidungsstück aus einer vergangenen Dekade, auch wenn es sehr gut verarbeitet ist, verstaubt und unflexibel. Wichtig ist also, die goldene Mitte zu finden – auch im Interesse der Lebensdauer der Kleidung, was nicht zuletzt ein Umweltfaktor ist. Die Investition in die Verarbeitung – nicht in das Label – ist also blankes Geld wert, wenn man die Kriterien kennt.
Ein paar Tipps, woran man gut gemachte Anzüge erkennt:
Bei Sakkos:
- Es hängen keine Fadenenden herunter.
- Der Reverskragen liegt flach an und steht nicht ab.
- Ärmeleinsatznähte sind glatt, wellen nicht, und liegen an der Armkugel an.
- Abnäher wie der Taillenabnäher sind flach auslaufend und bilden an ihren Enden keine „Tüten“.
- Taschenklappen und Paspeln sind gleichmäßig breit, Musterübergänge wie Streifen oder Karos sind durchlaufend.
- Die Knopfabstände sind gleichmäßig und die Knöpfe auch nach der Reinigung farbecht.
- Die Knopflochgröße passt zum Knopf, so dass sich der Verschluss mit einer Hand öffnen lässt.
Bei Hosen:
- Reißverschlüsse sind farblich abgestimmt und auch nach der Reinigung leichtgängig.
- Haken und Stege sind flach und tragen nicht auf.
- Metallische Zutaten müssen nickelfrei sein.
- Das Stoßband bei Herrenhosen steht einen Millimeter über der fertigen Saumkante.
Wo die Angebotswelt verwirrt, muss sich der Konsument selbst schlau machen. Er muss herausfinden, was der richtige Weg für seinen persönlichen Style ist. Damit die Kleidung so gut wird, dass man darüber nicht mehr nachdenken muss, weil sie ganz selbstverständlich, lässig und dadurch elegant am Körper sitzt und die Persönlichkeit nach vorne bringt.
Foto: Open Picture