Auf roten Sneakers unterwegs in die Zukunft
Kaum ein Bekleidungsthema wird in den Medien aktuell so hoch gehandelt wie der Turnschuh am Manager. Ganz neu ist der Kult nicht, jetzt aber erreicht er die Wirtschaft und schafft damit Vorbilder, die uns näher scheinen als seinerseits ein Politiker, Moderator oder Showmaster. Der Manager der Neuzeit kombiniert ihn konsequent mit dem Inbegriff der Freizeithose, der Blue Denim.
Die Gegner von Anzug und Krawatte vermuten hoffnungsfroh, dass der Anzug nun ausgedient habe. Aber ist das wirklich der Spiegel einer Gesellschaft – oder nur ein medienwirksamer Teil davon, der nur mehr von sich reden macht?
Tatsächlich gibt es einer US-amerikanischen Studie zufolge einen so genannten Red-Sneakers-Effekt: Nonkomformität soll die Aura zum Funkeln bringen und die Durchschlagskraft steigern. Aber funktioniert der Effekt auch bei der -zigsten Wiederholung noch? Die Studie ist immerhin drei Jahre alt.
Wohin geht es nun mit der Casualisierung des textilen Zeitgeistes? Denn zwischen Oxford, dem Ur-Schuh der männlichen Eleganz, und Sneaker, zwischen High Heel und Blockabsatz werden die Schatten einer allgemeinen Verunsicherung geboren.
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Wie sieht die Zukunft in unserem Kleiderschrank aus? Und was hat das alles für Konsequenzen auf unser Geschäft? Hier die brennendsten Fragen und Antworten:
Wo kommt die neue Lässigkeit eigentlich her?
Durch die Digitalisierung entstehen neue, kreative Berufsbilder, wir arbeiten an unterschiedlichen Orten, sind mobiler. Der fließende Übergang von Beruf und Privat erreicht die Unternehmen jetzt in allen Arbeitsbereichen. Das verlangt nach beweglicher Kleidung. Wichtig bleibt aber auch der Respekt, den Kleidung ausdrückt – gegenüber dem Anlass und sich selbst.
Was bisher auf dem Boden des Daily Business noch nicht angekommen ist, ist die Frage, was betont lässige Kleidung mit uns macht: Viele verlieren darin nämlich ihre Haltung – auch die Haltung zur Arbeit. Das Bewusstsein, gut gekleidet zu sein, wirkt sich dagegen positiv auf die Ausstrahlung und Körperhaltung aus und wird vom Gegenüber als Wertschätzung empfunden. Das wertet auch die Leistung auf.
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Wer fühlt sich von dem Jeans-und-Turnschuh-Trend buchstäblich angezogen?
Er trifft den Nerv derjenigen, die sich im Anzug bisher immer verkleidet gefühlt haben. Auf der menschlichen Ebene werden nun Erwartungen laut – und mit ihnen der Wunsch, im Job als Persönlichkeit wahrgenommen zu werden, nicht nur als Leistungserbringer. Dadurch erhalten auch die Personalabteilungen einen höheren Wert im Unternehmen. Es gibt aber auch Menschen, die ein hohes Interesse an Stil und Style haben, die sich durch diesen Look in keiner Weise repräsentiert fühlen und sich in Jeans und Turnschuhen auch nicht wohl fühlen. Sie lieben und schätzen die gesagten und ungesagten Komplimente, die mit schicker Kleidung einhergehen. Die Turnschuhgeneration dagegen betrügt sich selbst um Komplimente.
Was lässt sich von den Vorbildern auf den Alltag übertragen – und was, wenn wir dem Trend nicht folgen wollen?
Nicht alles lässt sich kopieren und taugt zur Nachahmung. Mutige Vorbilder erzeugen nicht zuletzt auch Unsicherheit. Und die ist im Geschäftsleben nicht zielführend. Wir sollten uns klar machen: Wenn etwas Mode wird, tun es viele – sehr viele. Dann wird, was vorher Avantgarde war, auf einmal zum Mainstream, sogar der rote Sneaker.
Im Business gilt noch immer der Empfängerbezug. Wir können also nicht davon ausgehen, dass jeder, der uns dort begegnet, im Grunde seiner Seele einen lässigen Look bevorzugt und den Anzug widerwillig trägt. Viele tragen ihn gerne. Daher ist es in jedem Moment besser, auch in den Augen eines Gegenübers bestehen zu können, welches der klassischen Kleidung verschrieben ist.
Wie gehen wir als Firma damit um?
Viele Führungspersonen kämpfen heute um die Erhaltung von Business-Standards. Firmenindividuelle Dresscodes sind so notwendig wie nie. Sie verbinden die Ausstrahlung der Marke mit den Persönlichkeiten ihrer Mitarbeiter und geben einen Rahmen, der aber mit größtmöglicher Individualität gefüllt werden will. Die Fragen, die sich Teams und Chefs stellen sollten, sind: „Wie wollen wir in Zukunft zu unseren Kunden gehen? Wie erreichen wir unsere verschiedenen Zielgruppen? Und was spiegelt das Image unserer Marke?“ In meinem Beratungsalltag werden daraus Stil-Leitfäden entwickelt, die Sicherheit geben. Ein gemeinsamer Plan dient übrigens auch als teambildende Maßnahme …
Wie beeinflusst Kleidung meinen persönlichen beruflichen Erfolg?
Kleidung ist mit unserem Selbstbewusstsein verwoben – sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen, statusverpflichteten Ebene. Im ersten Fall bedeutet es, dass die Kleidung ein authentisches Bild der Persönlichkeit abgeben sollte, denn Kleidung ist eine Sprache und erzählt eine Geschichte.
Sie gibt zum Beispiel Auskunft darüber, ob sich ein Mensch überhaupt für Mode und Zeitgeist interessiert, außerdem, ob er oder sie Stilempfinden für den eigenen Typ hat und welche Qualitätsmaßstäbe er hat. Diese Sprache lesen zu lernen, ist übrigens in Verkauf und Vertrieb relevant, weil sie verstehen lässt, für welche Argumente sich der Kunde öffnen kann.
Während wir also die Dresscodes bedienen und mit ihnen bestimmte Statussymbole, haben wir in der Auswahl der Bekleidungselemente dafür zu sorgen, dass wir echt bleiben und uns dabei wohlfühlen. Dann stimmen auch das Selbstbewusstsein und die Ausstrahlung. Und entsprechend dieser Aura werden wir behandelt.
Foto: IngImage